Mit dem fortschreitenden Klimawandel werden auch die Folgen bei uns im Münsterland immer mehr spürbar. Doch wie lassen sich das eigene Haus und der eigene Garten an vermehrte Hitzewellen, Trockenphasen und Starkregenereignisse anpassen? Wir haben darüber mit Dr. Tobias Kemper gesprochen, der bei der EnergieAgentur.NRW als Netzwerker für Klimafolgenanpassung arbeitet. Er ist somit Ansprechpartner für Kommunen und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen und informiert über Maßnahmen zur Anpassung an Klimafolgen.
Zunächst ist die Stärkung des Klimaschutzes enorm wichtig, um den Temperaturanstieg zu verlangsamen bzw. zu begrenzen. Allein in Nordrhein-Westfalen beträgt dieser Anstieg seit Beginn der Wetteraufzeichnungen bereits 1,5 Grad. Klimaschutzmaßnahmenallein werden aber nicht ausreichen, um mit dem Klimawandel umgehen zu können. Daher bedarf es gleichzeitig auch heute schon Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, um die mit den Folgen einhergehenden Schäden zu vermeiden.
Der Klimawandel ist bereits in vollem Gange und seine Folgen und Auswirkungen sind längst spürbar – auch in unseren Breiten. Das zeigen nicht zuletzt die beiden vergangenen sehr warmen und überdurchschnittlich trockenen Jahre. Die verschiedenen Hitzewellen, aber auch die langen Trockenphasen haben sowohl Auswirkungen auf Mensch und Tier als auch auf unsere Natur. Das sieht man insbesondere in den Wäldern, aber auch in der Landwirtschaft. Hinzu kommen in den vergangenen Jahren zahlreiche schwere Unwetter, die mit Starkregen, Sturm und Hagel zu entsprechenden Schäden geführt haben. Wissenschaftler sind sich einig, dass diese sogenannten Extremwetterereignisse in Zukunft häufiger und heftiger auftreten und ausfallen werden. Tendenzen dazu sind bereits heute deutlich erkennbar.
Auch hier ist weiterhin mit einer steigenden Anzahl an Starkregenereignissen zu rechnen, die überall im Land auftreten und dann an dem Ort, wo sie niedergehen zu entsprechenden Überschwemmungen und Überflutungen führen können. In der Region war das etwa 2014 in Münster der Fall. Des Weiteren stellen die Hitzeproblematiken vor allem in den Stadtzentren sowie vermehrte Trockenphasen ein Problem dar. Es ist davon auszugehen, dass sich mit fortschreitendem Klimawandel extrem trockene Phasen und extrem nasse Phasen abwechseln werden. Mit beiden Extremen muss man bestmöglich umgehen.
Für die landwirtschaftlich geprägte Struktur im Münsterland stellen insbesondere lange Trockenperioden eine Gefahr dar - das haben die Jahre 2018 und 2019 sehr deutlich gezeigt. Besonders im Frühjahr ist das problematisch, zumal die Vegetationsperiode durch den Klimawandel inzwischen im Durchschnitt zwei Wochen früher beginnt. Neben der Landwirtschaft, die einen hohen Wasserbedarf hat, kann unter Umständen in Teilregionen auch die Verfügbarkeit mit Trinkwasser ein Problem werden. Denn vielfach funktioniert die Trinkwasserversorgung über grundwassergebundene Brunnen. Hier entstehen dann im ungünstigen Fall auch Nutzungskonflikte zwischen gewerblichen und privaten Nutzern. Daher ist es wichtig, sich dieser möglichen Probleme frühzeitig bewusst zu werden und entsprechend Vorsorge zu leisten.
Zur Anpassung an den Klimawandel bieten sich zunächst der eigene Garten sowie das Haus an. Hier lässt sich schon mit kleineren Maßnahmen viel erreichen:
Viel Abwechslung: Der Garten sollte abwechslungsreich gestaltet sein und weitestgehend frei von versiegelten Flächen. Denn mit einem schönen und ausgewogen gestalteten Garten lässt sich vielen Folgen des Klimawandels auf dem eigenen Grundstück entgegentreten.
Viel Grün: Begrünung und Bepflanzung führen grundsätzlich zu einer Verbesserung des Mikroklimas. Das bedeutet, dass die Temperatur rund um das Gebäude weniger stark ansteigt als bei grauen oder dunklen Flächen. Zudem fördert eine abwechslungsreiche Grüngestaltung mit Blumen und Sträuchern die biologische Vielfalt im Garten – denn dadurch erhalten Insekten einen notwendigen und teilweise knapp gewordenen Lebensraum.
Teiche: Auch Teiche sind sinnvoll, da die Verdunstung einen kühlenden Effekt für die Umgebung und somit den eigenen Garten hat.
Schattenspendende Bäume oder Überdachungen einzelner Teilbereiche zur weiteren Verbesserung der Aufenthaltsqualität.
Keine oder wenige versiegelte Flächen: Ein aufgelockerter und wenig versiegelter Garten bietet die Möglichkeit, Niederschlagswasser aufzufangen oder es versickern zu lassen. Auch Zeiten, in denen es besonders viel regnet, können so abgepuffert werden und sogenanntes „wild abfließendes Oberflächenwasser“ kann verhindert werden.
Einsatz von Regentonnen oder Zisternen: So lässt sich das Niederschlagswasser nutzen, um die Pflanzen damit zu wässern. Das verringert den Wasserverbrauch. Zudem muss es nicht der Kanalisation zugeführt werden, was wiederum die Abwassergebühren senkt.
Steingärten, die teilweise an regelrechte Steinwüsten erinnern, sind nicht nur „tote“ Bereiche, in denen wenig bis kein Leben möglich ist. Sie heizen auch die Stellen rund ums Gebäude unnötig auf und verhindern das Versickern von Niederschlagswasser. Der Temperaturunterschied in einem Steingarten gegenüber einem begrünten und verschatteten Garten kann im Sommer bis zu acht Grad betragen! Keine angenehme Aussicht, wenn man an eine Hitzewelle von 35 Grad und mehr denkt. Zudem speichern Steine die Wärme länger als Grünflächen. Diese geben sie dann nachts wieder ab und treten damit einer erholsamen Nachtruhe entgegen. Auch gesundheitliche Beeinträchtigungen sind daher nicht ausgeschlossen.
Bäume sollten so angepflanzt werden, dass sie bei späteren Sturmereignissen nicht auf das Haus fallen und somit für Schäden sorgen können. Niederschlagswasser sollte versickert oder gespeichert, in jedem Fall aber vom Gebäude weggeleitet werden. Das Gebäude ist grundsätzlich gegen eindringendes Oberflächenwasser aus dem Außenbereich zu sichern, das gilt insbesondere in Hanglagen. Kellerschächte sollten gesichert werden, zudem ist der es ratsam, keine ebenerdigen Eingänge zu bauen. Damit sich das Gebäude im Sommer nicht zu stark aufheizt, gibt es verschiedene Verschattungselemente. Zudem können Wärmepumpen auch genutzt werden, um das Gebäude zu kühlen.
Die Effekte von begrünten Dächern und auch Fassaden sind vergleichbar mit denen eines grünen Gartens. Einerseits schützen sie vor einer zusätzlichen Aufheizung, andererseits lässt sich so auch Niederschlagswasser (vor allem durch Dachbegrünung) zwischenspeichern. Durch die entsprechenden Verdunstungseffekte verbessert die Dachbegrünung das Mikroklima und somit auch die Aufenthaltsqualität im Wohnumfeld. Vor allem die Begrünung von Dächern ist aber in ihrer Ausprägung daran gebunden, welche Tragfähigkeit die jeweiligen Gebäudeteile haben. Insbesondere Garagen und Carports eigenen sich zumindest für eine Grundbegrünung. Auch die Effekte von begrünten Fassaden in Bezug auf die Aufheizung der Gebäudehülle sind nachweisbar. Wer seine Fassade nicht begrünen will, kann stattdessen helle Materialien verwenden. Diese reflektieren das Sonnenlicht und heizen sich weniger auf als dunkle Materialien. Das gilt nicht nur an der Fassade, sondern insbesondere auch in den weiterhin versiegelten Bereichen im Garten und rund ums Haus.
Es ist die Kombination verschiedener sich ergänzender Maßnahmen, die demnach am besten das Wohnumfeld in Zeiten des Klimawandels verbessert. Mittlerweile bieten immer mehr Kommunen ihren Bürgern Fördermittel an als Anreiz für die Begrünung von Dächern, Fassaden oder die Begrünung ansonsten grauer Flächen.